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Mein Lieblingsfoto |
Anfang des Jahres, ich mag es kaum selbst glauben, bin ich noch tatsächlich zur Uni marschiert und das immerhin fast jeden Tag, nun sitze ich das zweite Semester daheim, starre Löcher in die Wand und schreibe Blogeinträge. Meine Erinnerungen an die Wintermonate lassen zu wünschen übrig, es war zwar Corona bedingt alles noch kein großes Thema, aber irgendwie habe ich die ersten rapiden Zahlen komplett verpasst. Wahrscheinlich weil ich gerade kurz vor meinen ganzen Prüfungen und Abgaben stand, mein Fokus sehr zentriert auf das gute Bestehen des Halbjahres lag, was mir auch gelang. Ein großer Zufall brachte einen meiner studentischen Tage ganz schön durcheinander und meine Gedanken sprangen um 180 Grad, Themen, die lange unwichtig waren, bahnten sich einen Weg zurück an die Oberfläche und loderten wie einst stillgeglaubte Vulkane. Dann wieder eine plötzliche Unterbrechung von allem, ein gravierender Fehler sorgte für viel Ärger und katastrophale Laune, ich war nicht daran Schuld und zog mich in dieser Zeit stark zurück, versuchte mich abzulenken. Aber als der entscheidende Prüfungsstress gewichen war, hatte ich bereits Ferien und der erste Lockdown stand an, für mich ehrlich gesagt keine große Umstellung, für meinen Freund ebenso wenig, denn er musste weiterhin arbeiten. Ich war also alleine, tief in meinem Kopf und in meinen Gefühlen und einen Ansprechpartner dafür, hatte ich eigentlich schon eine Weile vorher gefunden. Unbewusst war ich sehr fixiert auf diese Person und es dauerte nicht lang, da kamen mir erste Zweifel und bevor ich diese richtig zuließ stürzte eine Lawine an Problemen auf uns herab. Wenn ich es lokalisieren müsste, im Frühjahr hatte ich mein höchstes Hoch und tiefstes Tief, gepaart mit einer nicht enden wollenden Verwirrtheit und Unsicherheit. Ich begann mich selbst regelrecht zu quälen mit so furchtbar grundsätzlichen Fragen, wie z.B. ob ich glücklich bin, das Richtige tue etc. Darunter eine, die ich mir schon mit 17 gestellt hatte, bin ich eigentlich zufrieden damit, derart wenig über meine lieblichen Eltern zu wissen? Ein Dna-Test. Ich weiß gar nicht, warum ich lange damit gezögert hatte, die Idee war mir keineswegs neu, aber manchmal ist einfach alles okay wie es ist und dann wieder nicht. Zu dem Zeitpunkt war überhaupt nichts zufriedenstellend, also versuchte ich es einfach, ein paar Wochen später lagen die Ergebnisse vor. Die Ergebnisse kennt ihr, wenn ihr mich etwas länger verfolgt oder ein paar der Posts darüber gelesen habt, irgendwie null befriedend und nicht hundertprozentig aufschlussreich. Eine dramatische Geschichte, die hinter allem steckt, viele rastlose Stunden, unzählige Anläufe mit "Verwandten" zu reden, keine Aussicht auf eine liebende Mutter oder einen freudig überraschten, ahnungslosen Vater. Wie ein Märchen ohne Happy-End, nur dass solche Geschichte wirklich das Leben schreibt. Egal, ich habe meine Mutter gesehen auf einem Bildschirm, habe erstmalig mit ihr geredet, durfte ein paar Fragen stellen, von denen ich mir einiges erhofft hatte, doch die Euphorie flachte sehr schnell ab, so ernüchternd wie sie mir antwortete. Es hat sich bis zum heutigen Tag kaum noch etwas geändert, ich habe Mitleid für ihre Situation, aber werde nie Verständnis haben, weshalb man ein Kind aus seinem Leben ausschließt und den anderen und dem Ehemann eine glückliche Familie vorspielt. Entsprechend verhalten werde ich ihr gegenüber bleiben, sie kennt meine Meinung dazu, selbst meine Einträge, ich habe der Thematik genug Zeit und Gehör geschenkt und bin froh, einen Haken dahinter zu setzen. Möge er auch nicht endgültig sein, aber meine Aufmerksamkeit gehört längst wieder anderen Dingen.
Manchmal versuche ich zurückzudenken, an die Rückblicke und die entsprechenden Jahre, wie unabsichtlich geschönt sie sich lesen, entweder ist es meine jetzige Einstellung oder ich hatte tatsächliche Wahrnehmungsstörungen. Ich würde mich weit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass die letzten drei ohne Probleme gestrichen werden können, ohne einen Verlust darin zu sehen. Einfach nur aus dem Grund, dass ich mich seit 2020 erstmals wieder mehr als mich selbst fühle; aufgeklärter, zufriedener, abgehärteter und möglicherweise lassen sich diese Attribute der Suche nach meiner Herkunft zuordnen, aber nicht nur das, es ist mehr, es ist als sei mein Herz wieder an die richtige Stelle gerückt worden. Als wäre ich die letzten Lebensabschnitte auf der Suche gewesen nach Begeisterung für Dinge, nach dem Entwickeln von Leidenschaft, dabei schlummert das alles in mir drin. Ich brauchte dafür keine neuen Freunde, besondere Erfahrungen, unergründete Horizonte, ich brauchte nur die Zeit für mich und den ungehemmten Fluss meiner Gedanken. Oft habe ich gesagt, dass sich vieles wie damals anfühlt und keiner wusste, was ich damit nur ansatzweise meinte, ein konkretes Datum oder vielleicht sogar die weite Spanne meiner jugendlichen Jahre? Erklären hätte ich es niemals können, aber jetzt bin ich soweit. Es handelt sich um einen Zustand, indem man frei ist von allen äußerlichen Einflüssen und sich traut, ehrlich zu sich zu sein, ungehemmt zu denken und zu fühlen, sich ein Stück weit treiben zu lassen. Ich glaube die meisten können jenen irgendwann im Teenager-Alter erfahren und ich selbst stand oft kurz davor, jedoch hat mir das komplette Fallenlassen gefehlt aufgrund der vielen schwierigen Aufgaben meines Lebens. Aber ich wusste, ich bin dem Zustand nahe, auch wenn er überschattet war, ich stand in der Kritik, unter schulischem Druck und mit einem Bein im Kinderheim. Jede halbwegs fröhliche Minute war mir wertvoll und ich schätze sehr, dass ich damals trotzdem großes Glück hatte. Nun bin ich auch glücklich und frei, die Hindernisse aus 2020 habe ich alle überwunden und die Einflüsse, die gegen steuerten, weitestgehend verdrängt. Es gab definitiv die ein oder andere schwere Prüfung für mich, den ein oder anderen Kampf, von dem niemand wissen sollte, letztlich war es gut so. Ich bin mir bewusst traurig zu klingen, aber ich denke richtig rundum zufrieden kann man nur alleine sein, ansonsten wird es immer Situationen geben, in die man gegen seinen Willen gerät und mit ausbaden muss. Diese unerwünschten Belastungsproben sind der Grund weshalb ich mich fernhalte, von der Misere meiner Mutter, hier den Streitereien in meiner Familie, die mich eh im seltensten Fall betreffen und von Tristans Anhang, von dem keine Besserung zu erwarten ist, aber dafür haben sie zum Glück eine ordentliche Strafe bezahlen müssen.
Hamburg |
Kein Wunder also, der Herbst der Selbstreflexion hängte sich an die wirklich gut gelaufenen Sommermonate, zuletzt war ich noch ein Wochenende in Hamburg, was eine schöne kleine Auszeit darstellte. Danach war Corona leider mit voller Wucht omnipräsent und der Weg bahnte sich zurück in den Lockdown, welcher mir noch früher sehr recht gewesen wäre. Ich finde, von allen Bedrohungen der Menschheit, ist das Zuhause bleiben und nur noch online Shoppen das glimpflichste Schicksal, als Studentin habe ich natürlich besonders leicht reden, vor allem mit einem Freund im Einzelhandel sind wir beide völlig krisensicher. Eine nette Formulierung für jemanden, der das beinahe aufgegeben hätte für ein großes Nichts und ein Leben in Ungewissheit. Ich glaube, in diesem Jahr war niemand wirklich sicher vor "was wäre, wenn...?"-Hirngespinsten, somit nehme ich mich dafür zumindest in Schutz, außerdem hatte ich wie so oft gute Gründe. Und plötzlich ging die Uni wieder los, das normale Leben eben, ich durchlebte dazu einige verletzende Momente und schaffte es, die Zweifel, die mich umgaben , abzuschütteln. Alltag und Normalität erhielten Einzug, einige Abgaben und stressige Kurse forderten mich, vieles andere verlor an Wichtigkeit: Ich befasste mich weniger mit meiner leiblichen Mutter, obwohl sie (wenn auch eingeschränkt) Kontakt suchte, weniger mit den Problem, die der Lockdown ins Gedächtnis rief, weniger mit mir selbst – Eine nichtssagende Zeit begann, über die es sich kaum zu schreiben lohnt. Ein paar Kontakte brachen noch weg, der ein oder andere freundliche Mensch kam dafür hinzu, ich würde sagen, dass alles ins Gleichgewicht zurückfand. Fast ein bisschen langweilig und öde, weder Höhepunkten noch Tiefen zu begegnen, oder? Genauso grau wie die Tage des anfänglichen Winters, dabei war der Herbst wunderbar golden, er war mild und bunt und farbenfroh, die Sonne strahlte und hob meine Laune. Dennoch, die richtige Kälte schlich sich erst in den vergangenen Wochen richtig ein, die Finsternis viel früher und es gibt wirklich nichts, was ich ätzender finde als fehlendes Licht. Es lohnt sich meiner Meinung nach kaum noch früh aufzustehen, wie ich es gerne zu tun pflege und sobald ein wenig Tag hereinbricht, ziehen Wolken vorbei und ehe diese wieder verschwunden sind, ist alles düster. Darüber hinaus stört das warme Anziehen schon immer mein Körperempfinden, ich kann das überhaupt nicht leiden. Möglicherweise ist das der richtige Augenblick um zu resümieren, dass ich mich grundsätzlich in diesem Jahr sehr wohl gefühlt habe, optisch vor allem und körperlich, da scheine ich generell im Einklang mit mir zu sein, denn ich war kein einziges Mal krank. Höchstwahrscheinlich die Vorteile des Daheimseins und Masketragens?!
Ich hatte recht in der Annahme, dass ich keinen perfekten chronologischen Rückblick schreiben kann, einzelne Monate spielen eine Rolle, aber erhalten keine differenzierte Wichtigkeit, mir geht es um das große Ganze, die allumfassende Retrospektive und weniger die Ereignisse im Speziellen. Normalerweise habe ich über das ganze Jahr die wichtigsten Fotos gesammelt und schaue nebenbei am Handy, wie weit ich in etwa bin. Während ich 2020 Revue passieren lasse, habe ich akzeptiert, wie wenig aussagekräftig ein technischen Hilfsmittel ist, also benutze ich einzig meinen Verstand und meine Erinnerung. Bilder erscheinen mir als unwichtiger Kram, die einzig erwähnenswerten Anschaffungen waren auch bloß meine Zahnschienen, von denen ich eh ständig erzähle und einen frisch gestrichenen Kellerraum, den hätte ich noch vorzuweisen. Vielleicht an dieser Stelle ein paar kurze Anmerkungen zu den Feiertagen, normalerweise widme ich ihnen einen eigenen Post, aber auch da ist quasi Garnichts passiert. Tristan blieb bei mir, wir saßen herum, es gab eine Bratpfanne und Bettwäsche, ich schenkte ihm ein Paar Schuhe und er mir ebenfalls, aber das bereits in unserem Urlaub. Wie jedes Weihnachten wurde gestritten, daran wird sich wohl zu meinem Lebzeiten nichts mehr ändern, aber ich hege den Willen Jahr für Jahr belastbarer zu werden. Mir kommen unglücklicherweise immer negative Erfahrungen hoch, von denen ich Abstand zu gewinnen versuche. Wer mich besser kennt weiß, dass mir Silvester deutlich mehr liegt, ich mich sogar meistens ziemlich darauf freue und mich furchtbar ärgere, wenn die Planung daneben geht. Bisher war jedes Silvester der blanke Horror, gerade wenn ich es nicht wie üblich mit der Familie verbracht habe, dafür waren jene in unserem kleinen Kreis stets zufriedenstellend. Dieses wird selbstverständlich auch bei uns ein wenig anders, geschuldet der vorherrschenden Umstände, aber ich erwarte und erhoffe ein sehr ruhiges Jahresende.
Lieblingsfoto 2 |
Ein wundervolles neues Jahr wünsche ich euch!
Mit allem, was nun mal dazu gehört, hehe.
Auf ein schöneres 2021 ♥
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