"So Lena, heute erzähl ich dir mal eine Geschichte, als ich jung war, von mir und diesem einen Jungen. Er hieß Leo und wohnte auf der anderen Mainseite, mit zwei anderen Freunden kam er fast jeden Tag zu uns ins Dorf. Ich und meine engsten beiden Freundinnen erwarteten deren Besuch sehnsüchtig und freuten uns, viel mit ihnen zu unternehmen. Zu dem Zeitpunkt waren wir etwa um die sechzehn, ich glaube ich war in Leo seit der ersten Minute unsterblich verliebt. Meine Mutter wusste von ihm, manchmal lud sie ihn sogar zum Abendessen ein, es war ein wirklich anständiger Junge. Doch dann kam der Winter, Leo musste ja um zu mir zu kommen, die Mainbrücke überqueren, was ziemlich gefährlich war. Unsere Eltern waren also beängstigt, besonders eben meine Mutter, die Leo über den Sommer gut kennengelernt hatte. Sie sagte mir, es sei besser, wenn ich ihn wegschicken würde und ich gehorchte ihr. Wir sahen uns kein einziges mal mehr, er verstand es. Dann kam das neue Jahr schneller als wir dachten, es war Fasching und ich und meine Mädchen feierten wie jedes Jahr im großen Saal in unserem Ort. Ich konnte es kaum fassen, da stand Leo, ganz alleine in der Tür, urplötzlich. Ich kann dir eines sagen, Lena, er war der bestaussehenste Junge, des ganzes Ortes und er war nur wegen mir da. Am liebsten wäre ich gleich auf ihn zu gerannt und ihm um den Hals gefallen. Doch dann passierte etwas Furchtbares, meine Freundinnen liefen zu ihm hin und die eine, ich hasse sie immernoch, die hieß Rosi. Sie meinte wohl, ihn um den Finger wickeln zu müssen und ging fort mit ihm, ich weiß nicht wohin, jedenfalls sah ich ihn nie wieder. fast 70 Jahre schon hab ich kein Lebenszeichen mehr von ihm gehört, aber es war damals der beste Sommer meines Lebens. Alles würde ich dafür geben, ihn nochmal wiederzusehen, zu wissen, ob es ihm gut geht." Sie drehte sich weg von mir, ich saß immernoch wie gefesselt da und starrte meine Großmutter an. Tränen liefen ihr übers Gesicht, tapfer wischte sie alle weg. Ich stand auf, es war an der Zeit, sie alleine zu lassen und das tat ich auch.
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